KV Münster, Netzwerktreffen

„Jedes Erasmus-Baby treibt die Vereinigten Staaten von Europa voran“

Zum Auftakt unserer Veranstaltungsreihe „JEF Münster meets…der Europawahl-Check“ durften wir Tobias Bollmann, stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Münster, bei unserem Stammtisch begrüßen. Der Doktorand stellte sich den Fragen unseres stellvertretenden Vorsitzenden Marlon und etwa 45 interessierten Gästen.

Als begeisterter Europäer sieht Tobias in vielen Bereichen Reformbedarf. Das einzigartige Friedensprojekt sei erheblichem Druck von außen wie auch von innen ausgesetzt. „Die EU ist an einem Punkt angelangt, an dem sie entweder marginalisiert werden wird oder aber durch umfangreiche Reformen einen Befreiungsschlag nach vorne erreichen kann“. Handlungsbedarf sieht er vor allem auf drei Gebieten: er fordert eine europaweite Energiewende, eine Stabilisierung der Währungsunion und eine Vereinheitlichung der europäischen Migrations- und Asylpolitik.

Der Themenblock „Migrations-, Außen- und Sicherheitspolitik“ stellte auch den Einstieg in die Diskussion dar. In der Migrationspolitik dürfe Europa sich nicht gegenüber den Problemen der globalisierten Welt verschließen, sondern müsse eine humane Asylpolitik verfolgen und Fluchtursachen bekämpfen. Innerhalb der EU müsse die Asylpolitik durch einen Ausgleich nationaler Interessen die mit der Migration verbunden Herausforderungen angemessen verteilen. In der GASP sei es wichtig, dass die EU als „Global Player“ handlungsfähig bleibt. Gleichzeitig müsse die europäische Außenpolitik auch nationale Bedürfnisse berücksichtigen. Vehement fordert Tobias auch die Einrichtung einer Europäischen Armee.

Einige Rückfragen zum Außenhandel, insbesondere auch zur europäischen Wirtschaftstätigkeit in Afrika, leiteten über in den zweiten Themenblock, die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion. Mit Blick auf die USA verlangt Tobias der EU ein selbstbewusstes Auftreten ab. Gerade das Verhalten der US-amerikanischen Global Player könnte Europa schaden. Insbesondere hinsichtlich digitaler Kompetenzen müsse Europas Wirtschaft unabhängiger werden.

In Bezug auf die Währungsunion erteilte Tobias zunächst Ansätzen wie der Vergemeinschaftung von Sozialkassen oder der europäischen Arbeitslosenversicherung eine klare Absage. Er unterstütze allerdings den Vorschlag, einen europäischen Finanzminister einzusetzen. Es sei widersprüchlich, dass unter dem Dach einer einheitlichen Währungsunion zwanzig Finanzminister eigenständig tätig seien. Deutlich sprach sich Tobias auch für eine einheitliche Energie- und Umweltpolitik aus.

Abschließend wandte sich die Diskussion der europäischen Integration und Konstruktion zu. Tobias bemängelte, dass aktuell nationalen Interessen ein höherer Rang eingeräumt werde als einer europaweiten Zielsetzung und Vision: „Es kann nicht auf jedem Gipfel jeweils eine nationale Plus-Minus-Rechnung geben, sondern man muss Win-Win-Situationen schaffen“, konstatierte er. Für ihn nimmt dies einen höheren Rang ein als Umstrukturierungen im institutionellen Gefüge.

Den Schlusspunkt setzte Tobias mit einer bemerkenswerten Aussage – vielleicht gerade eine Aufforderung an die anwesenden Studierenden? „Natürlich sind die Vereinigten Staaten von Europa für mich ein langfristiges Ziel. Jedes Erasmus-Baby, das gezeugt wird, kann die Vereinigten Staaten von Europa weiter vorantreiben!“.

Wir danken Tobias herzlich für die unterhaltsame und lehrreiche Diskussion. Die weiteren „JEF meets…“-Stammtische, zu denen wir alle Interessierten einladen, finden am 30.10. (FDP), 13.11. (SPD) und 20.11. (Grüne) jeweils ab 20 Uhr in der Brücke statt.