Stellungnahmen

Mehr Europa! Zusammenhalt statt Alleingänge in der Gesundheitspolitik

Die Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Koordinierung von medizinischen Hilfsmaßnahmen in der Corona-Krise sind löblich. Sie zeigen aber auch: Gesamtheitliche, europäische Maßnahmen sind dringend notwendig, um in der Krise eine vernünftige medizinische Versorgung in ganz Europa sicherzustellen. Alleingänge der Mitgliedstaaten wirken sich hingegen kontraproduktiv aus.

Die Gesundheitspolitik liegt im alleinigen Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten und die aktuelle Krise zeigt, dass in der Ausstattung der  Gesundheitssysteme gravierende Unterschiede bestehen. Die Wirksamkeit europäischer Hilfsmaßnahmen basiert auf dem Wohlwollen der Mitgliedstaaten. Hieran fehlt es gegenwärtig nicht, denn bei der Beschaffung und Bereitstellung von Schutzausrüstung oder der Aufnahme und Versorgung von Patienten gewinnt man derzeit schnell den Eindruck, dass europäische Solidarität tatsächlich gelebt wird. Ebenso verhält es sich beim Programm rescEU des Europäischen Zivilschutzmechanismus, über das Anfang April ein europäisches Team an Ärzten und Krankenschwestern aus Rumänien und Norwegen in die besonders betroffenen Regionen Italiens entsendet wurde. Mitte März hatte die Kommission zudem angekündigt, einen Vorrat an Notfallausrüstung wie Beatmungsgeräte, Schutzmasken und Labormaterial zu finanzieren, um EU-Länder in der Corona-Krise zu unterstützen. Beschaffung und Lagerung erfolgen durch die Mitgliedstaaten, während die Verteilungsfrage dem europäischen Zentrum für die Koordinierung von Notfallmaßnahmen (ERCC) obliegt.

Blockadehaltung der Mitgliedstaaten verschärfte die Lage

Viele dieser Maßnahmen kommen allerdings zu spät, weil die Mitgliedstaaten durch unnötige Alleingänge im Vorfeld die notwendige Zusammenarbeit blockierten. Vorbildlich schlug die Kommission bereits im Januar Sammelbestellungen vor, um für die Virus-Welle gerüstet zu sein. Das Vorhaben scheiterte an der ablehnenden Haltung der Mitgliedstaaten mit der Begründung, die Gesundheitssysteme seien vorbereitet. Doch sie waren es nicht. Rasch fehlte es an Beatmungsgeräten, Schutzkleidung und Labormaterial. Diese Fehleinschätzung spielte dem Virus in die Hände, sie forderte erhöhte Ansteckungs- und Todeszahlen. Doch anstatt sich einsichtig zu zeigen und nach europäischer Hilfe zu rufen, trugen protektionistische Reaktionen einzelner Mitgliedstaaten zu einer weiteren Verschärfung der Lage bei. Dazu zählen unter anderem Exportverbote für Schutzmasken und das Abfangen solcher Lieferungen sowie Grenzschließungen. Wir verurteilen diese anti-europäische Vorgehensweise aufs Schärfste.

So wenig wie ein Virus an den Grenzen halt macht, darf es der Gesundheitsschutz!

Ausbau der EU-Gesundheitspolitik ist unausweichlich

Die guten und notwendigen Ansätze der EU greifen in der Corona-Krise folglich zu spät und wirken eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein. 

Wir fordern daher erweiterte europäische Kompetenzen in der Gesundheitspolitik und den Ausbau der bestehenden Mechanismen, zum Beispiel durch die Einrichtung eines dauerhaften europäischen Hilfsfonds für notwendige medizinische Güter, sowie Maßnahmen zur Unterbindung von Exportverboten für diese Güter innerhalb der EU! Für mehr europäische Solidarität im Gesundheitswesen, nicht erst mitten in der Krise.